« September 2012 | Main | Mai 2012 »
Mittwoch, Juni 20, 2012
Theaterneubau - wie ernst muss man das nehmen?
Die Ostsee-Zeitung vom 20. Juni 2012 berichtet:
Bürgerschaft genehmigt Neubauentwurf für Volkstheater
Die Pläne für den Bau des neuen Theaters in Rostock nehmen Form an.
Rostock (dpa/mv) - Die Rostocker Bürgerschaft hat am Mittwoch mit großer Mehrheit den Entwurf für den Bau eines neuen Theatergebäudes genehmigt. Bis 2018 soll das neue Gebäude mit zwei Bühnen auf insgesamt knapp 12 400 Quadratmeter Fläche fertig sein. 56 Millionen Euro sollen nach heutigen Berechnungen investiert werden, sagte der Verwaltungschef des Volkstheaters, Stefan Rosinski, der für die Pläne verantwortlich zeichnet. Der große Saal werde knapp 800 Plätze bieten, der kleine rund 320. Für Rosinski stellt das Konzept in realistischer Weise die Grundlage für den Betrieb eines mittelgroßen Stadttheaters dar. Unklar ist allerdings nach wie vor der Standort des Theaters, drei Flächen in der Stadt sind in der Diskussion.
Die Grüne-Fraktion kritisierte, dass die Finanzierung des Hauses nicht gesichert sei. Schon in der Vergangenheit habe es in Rostock Großprojekte wie beispielsweise die Internationale Gartenausstellung IGA gegeben, für die Millionen ausgegeben wurden und die sich nicht refinanziert hätten. Zudem müssten für den Betrieb des Theaters 24 neue Stellen geschaffen werden.
Nach Ansicht von Beobachtern ist das Konzept nur ein neues Papier, das als Grundlage für weitere Planungen genommen werden soll - auch wenn es realistischer sei als bisherige Konzepte. Problematisch sei auch, dass es keine Perspektive biete für die Zeit nach 2020, bis dahin läuft die Landesförderung für Theater. Wie die Förderung danach aussieht, ist nicht bekannt.
Seit 1942, als das Volkstheater durch Bomben zerstört wurde, muss sich Rostock mit einem zum Theater umgebauten Provisorium als Hauptspielstätte begnügen. Das Gebäude kann nicht die heutigen Ansprüche an ein modernes Theater erfüllen. Das Große Haus war Ende Februar 2011 wegen erheblicher Mängel beim Brandschutz geschlossen worden, es soll mit Beginn der neuen Spielzeit im Herbst wieder zur Verfügung stehen.
Anmerkungen und Fragen:
- Zwei Bühnen mit 800 + 320, insgesamt also 1120 Plätzen - das soll auslastbar sein?
- 56 Millionen Baukosten und zusätzlich 24 neue Stellen - wie kann das finanziert werden? Selbst wenn an jedem Spieltag 1120 Besucher kämen - die Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittkarten reichen bekanntlich nicht zur Finanzierung des Spielbetriebes, geschweige denn zur Refinanzierung der Baukosten
- Bis zum Überdruß wird wiederholt, das Große Haus könne "nicht die heutigen Ansprüche an ein modernes Theater erfüllen". Bis zum Überdruß ist dieser unzutreffenden Sichtweise entgegenzuhalten: (1) Wäre das urspüngliche Theater nicht durch Bomben zerstört worden, könnte es keine besseren Bedingungen für "heutige Ansprüche" bieten. (2) Die Theatergeschichte kennt unglaublich viele Beispiele dafür, dass unter sehr schlechten räumlichen Bedingungen ganz großes Theater gespielt wurde. Und daran kann und muß sich Rostock ein Beispiel nehmen! Wenn es dann zur Belohnung für dauerhaft herausragende Qualität einen Neubau gäbe, wäre dies sehr schön. Aber der Neubau darf und kann keine Bedingung für Qualität sein!