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Samstag, September 29, 2012
Rein in die Kartoffeln - raus aus den Kartoffeln: Ein Possenspiel
Ausgerechnet die Unterstützerfraktion des Oberbürgermeisters schlägt jetzt vor, die Theater-GmbH zu liquidieren und das Theater wieder "als städtisches Amt" zu führen. War es denn nicht der Willen und das unermüdliche Drängen des OB, das Volkstheater in eine GmbH umzuwandeln? Offenbar haben sich die Hoffnungen, das Theater in eine nicht mehr beherrschare, desolate Situation zu treiben, nicht ausreichend erfüllt (man erinnere sich: Erst nach der GmbH-Gründung wurde das Große Haus wegen Brandgefahr geschlossen!). Jetzt also die Strategie, durch direkte Einflussnahme mehr Probleme bereiten zu können? Es fällt schwer, nicht verschwörungstheoretisch zu denken!
www.das-ist-rostock.de berichtet:
28.09.2012 Lieber ein Ende mit Schrecken?
Die Fraktion „Für Rostock“ (UfR) will in der Bürgerschaft beantragen, dass die Volkstheater GmbH liquidiert und wieder in ein städtisches Amt überführt wird. Der Fraktionsvorsitzende Dr. Malte Philipp und der finanzpolitische Sprecher des UfR Maik Graske stellten gestern die Idee der Öffentlichkeit vor.
Die Kultursenatorin war unterwegs zur Tagung des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Deutschen Städtetages in Heidelberg, der kaufmännische Geschäftsführer des Volkstheaters beim Bühnenverein in Hamburg, da rückte die Fraktion „Für Rostock“ (UfR) – erklärtermaßen die Unterstützerfraktion des Oberbürgermeisters – mit der Pressemitteilung „Liquidation des Volkstheaters“ heraus. Das war so dringend, dass die zugehörige Pressekonferenz am gleichen Tag stattfinden musste.
Die Ziele der GmbH-Gründung im April 2009 seien weit verfehlt worden, erläuterte Malte Philipp. Deshalb wolle die Fraktion beantragen, die Volkstheater GmbH zu liquidieren und wieder als städtisches Amt zu führen. Es gehe dem UfR um die Zukunft des Theaters und darum, dass die Stadt ein angemessenes Theater bekommt, das sie sich auch leisten kann. Es gehe ihm nicht darum, die Gründe oder die Personalien für das Scheitern der GmbH aufzuarbeiten. Die Überführung des städtischen Theater-Amtes in eine GmbH sei seinerzeit eine gute Idee gewesen. Allerdings habe die Stadt nicht – wie es in der Satzung der GmbH festgeschrieben ist – ihre „angemessene Einflussnahme“ auf die Entscheidungen der GmbH geltend machen können.
Maik Graske zählte noch einmal die bekannten Finanzlöcher auf, die in den vergangenen Jahren aus dem städtischen Haushalt gestopft werden mussten: Seit dem Beschluss der Bürgerschaft zur GmbH-Gründung im Jahre 2008 habe es kein Geschäftsjahr gegeben, in dem das Volkstheater mit dem jährlichen Zuschuss in Höhe von 7,9 Millionen Euro ausgekommen wäre. 2009/10 waren es 307 000 Euro, 2010/11 waren es 1,3 Millionen Euro – trotzdem habe es einen Fehlbetrag von 537 000 Euro gegeben. Allein vom 31. August bis 31. Dezember 2011 habe der Fehlbetrag 105 000 Euro betragen und für das Jahr 2012 sei wieder eine Spritze von 1,4 Millionen Euro beantragt, auch für 2013 wären bereits 1,3 Millionen Euro prognostiziert. So könne es nicht weitergehen. Die Zukunft der GmbH sähe schlecht aus, die Kapitaldeckung des GmbH sei von Anfang an zu dünn gewesen. Die Diskussion um einen Theaterneubau würde von dieser Maßnahme nicht tangiert, meinte Malte Philipp.
Mit dem Theater als städtisches Amtes, das dann – laut Malte Philipp im Senatsbereich der Kultursenatorin angesiedelt sei – hätte die Stadt wieder direkten Zugriff auf den Haushalt des Theaters. Dagegen kam in der anschließenden Diskussion ein Einspruch von Uwe Flachsmeyer (B90/Grüne) und Eva-Maria Kröger (Die Linke), die als Mitglieder des Theater-Aufsichtsrates die Pressekonferenz ebenfalls besucht hatten: Das Amt für Management und Controlling – angesiedelt im persönlichen Bereich des Oberbürgermeisters – habe jederzeit die Möglichkeit gehabt, in die Finanzen des Volkstheaters einzugreifen. Im übrigen gäbe es für jeden der Fehlbeträge der vergangenen Jahre nachvollziehbare Gründe: Das Theater wurde von der Stadt beauftragt, eine Sommerbespielung zu organisieren, die erwartungsgemäß nicht mit Gewinn abzuschließen war. Die plötzliche Schließung des Großen Hauses aus bautechnischen Gründen im Februar 2011 habe zu Zuschauerverlusten geführt, die sich dann negativ auf die Ausschüttung der Fördermittel des Landes (FAG) auswirkten. Sie erfolgt jeweils mit einer Verzögerung von zwei Jahren – so dass das Finanzloch für 2013 absehbar ist.
Mit dem Geld geht es ums Personal
Als Knackpunkt stellten sich in der anschließenden Diskussion die derzeitigen Verhandlungen um einen Haustarifvertrag am Volkstheater heraus: Mit ihm könne man jährlich etwa 1,2 Millionen Euro am Theater einsparen, sagte Eva-Maria Kröger. Das würde die marode GmbH retten – vorerst. Die Verhandlungen seien jedoch schwierig. Besonders die Orchester-Gewerkschaft DOV würde derzeit „ihre starke Position erfolgreich verteidigen“ - was im Klartext heißt: Die DOV blockiert die Verhandlungen. Man habe ohnehin nur noch bis November Zeit für die Verhandlungen – und wenn sie scheitern würden, dann wäre die Insolvenz der Volkstheater GmbH und die Rückführung in ein städtisches Amt der einzig gangbare Weg.
Die Rückführungsklausel im Überleitungsvertrag gelte jedoch nur bei den Mitarbeitern, die schon zum Zeitpunkt der GmbH-Gründung am Theater beschäftigt gewesen seien. Für die rund 70 Verträge, die an dem derzeit mit unter 300 Stellen ausgestatteten Volkstheater seitdem neu abgeschlossen worden seien, müsse man besondere Regelungen finden – so Eva-Maria Kröger. Einig sei man sich mit dem UfR darüber, dass eine – mögliche – Insolvenz des Volkstheater GmbH noch in diesem Jahr stattfinden würde. Klar sei auch, dass die Rückführung in ein städtisches Amt – und damit die Weiterführung des Flächentarifvertrages für die Theater-Mitarbeiter – nicht von vornherein einen Einspar-Effekt hätten. Man würde zwar Geld für externe Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sparen, vielleicht können man auch auf den Posten eines Kaufmännischen Geschäftsführers verzichten. Aber die möglichen Verluste wären dennoch auszugleichen.
Quelle: http://www.das-ist-rostock.de/artikel/48294_2012-09-28_lieber-ein-ende-mit-schrecken/
Categories: Finanzen, Oberbürgermeister, Personal, Theater-GmbH, Verschwörungstheoretisches
Dienstag, September 25, 2012
Wiedereröffnung des Großen Hauses
Am 25. September 2012 berichtet die NNN von der Wiedereröffnung des Großen Hauses:
Nun ist das Große Haus des Volkstheaters Rostock vollständig wiedereröffnet: mit einer Opernpremiere. Denn zur Eröffnung muss eine Oper gespielt werden, wie Intendant Peter Leonard in einer kurzen Ansprache vorweg feststellte. Dann hob sich der Vorhang am Sonntagabend für Rossinis Komische Oper "Der Barbier von Sevilla"...
Abgesehen von Qualtitätsmängeln, die wirklich nicht sein müssen (...während der ersten Takte der Ouvertüre saßen wohl noch nicht alle Musiker richtig auf ihren Stühlen, da wackelte und klapperte es noch im Zusammenspiel... Manches allerdings war nicht viel mehr als Klamauk und Grimasse, zuweilen wilder Radau, der den feinen Witz der Musik übertönte) war es offenbar insgesamt jedoch ein Opernabend, der den Applaus verdient hat.
Anmerkungen:
Gut und wichtig, aber warum verschweigt die NNN, dass zur Wiedereröffnung "The Who's Tommy" gespielt wurde? Etwas gewöhnungsbedürftig für viele ältere Theatergänger, aber so gut gesungen und gespielt, dass alle im vollbesetzten Haus begeistert waren und mit ihrem Schlussapplaus gar nicht aufhören wollten.
Die immer wieder zu bemerkenden Unterschlagungen guter und sehr guter Leistungen und die Hervorhebung von Mängeln sind für eine gute Akzeptanz des Rostocker Theaters höchst kontraproduktiv!
Dienstag, September 18, 2012
So wirbt man nicht für mehr Theaterbesucher!
Anläßlich der Wiedereröffnung des Großen Hauses berichtet am 18. September 2012 Renate Gundlach in www.das-ist-rostock.de unter anderem folgendes (stark gekürzt wiedergegeben):
Wo High-Tech auf DDR-Charme trifft
... bröseligen Wänden, die den Anstrich aus DDR-Zeiten tragen. Sprinklerköpfe auf Rautentapete, die in den 1970er-Jahren als letzter Schrei galt. Feuerfeste Türen aus Glas und Stahl neben Fenstern, von denen die Farbe abblättert und das Rahmenholz gleich mit...
Am Eingang zum Hauptfoyer erklärt er die Lautsprecher an der Decke, über die im Fall der Fälle eine freundliche, besonnenen Frauenstimme zum Verlassen des Hauses aufrufen würde. Die Qualität dieser Lautsprecher übersteigt die der Akustik im Großen Saal, von den Probebühnen ganz zu schweigen...
Die Garderobe der Tänzerinnen nach der Brandschutzsanierung: Leitungskanäle für Sprinkleranlage, Lüftung, Lautsprecher auf einer Wand, die nach der Montage nicht nachgemalert wurden...
Vor allem dort, wo das Publikum keinen Zutritt hat, atmet das Gebäude den Charme eines alten DDR-Ferienlagers. „Die Duschköpfe stehen unter Denkmalschutz“, sagt Stefan Rosinski in den Duschen... „Das ist unsere Solistengarderobe, in der unsere Starsänger auf ihren Auftritt warten“, kommentiert er, nachdem er die Tür in das Kabuff aufgestoßen hat: dunkelgelbe Vorhänge mit braunen Sprenkelchen, durchgesessenes Plüsch-Polstersofa, Schminktisch mit Sprelacart-Furnier, an die Wand gelehnte Standspiegel, die sich ihren Platz auf dem Sperrmüll redlich verdient hätten.
In der Garderobe der Tänzerinnen umgibt ungeglätteter, grauer Putz die Waschbeckenspiegel an der Wand. Oben draufgesetzt ein Kabeltunnel, der unter anderem die High-Tech-Sprinklerköpfe versorgt, die im Notfall 40 000 Liter Wasser im Haus verteilen, das in einer Wanne im Keller steril gehalten wird...
... was alles noch gemacht werden müsste. „Am dringendsten wäre die Bühnentechnik. Sie ist auf dem Stand der 1940er-, 1950er-Jahre“, sagt er. Und auch, dass eine Kernsanierung 40 Millionen Euro kosten würde. „Das halte ich aber nicht für sinnvoll. Dann hätten wir ein teuer saniertes Haus mit viel zu kleinem Bühnenraum.“ Für ihn gibt es nur zwei Alternativen: neues Theater bauen oder bald kein Theater mehr..."
Zugegeben, ich habe alle positiven Aussagen über die neue Brandschutztechnik und die Renovierung der Publikumsbereiche herausgekürzt - um deutlicher zu machen, was mich sehr ärgert: Wem beim Lesen dieser Textpassagen nicht gruselig wird und er lieber nicht in ein solch desolates Gemäuer geht, dem ist wohl nicht zu helfen. Viele potentielle Besucher dürften die Informationen in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt (Wiedereröffnung!) abschrecken. Wie denn auch der ermunternde Ausblick: Neubau oder wir haben bald kein Theater mehr. Ein Zustand, auf den offenbar viele hinarbeiten!
PS. Noch einmal das Gedankenspiel, was wohl wäre, wenn das alte Stadttheater noch existieren würde: Kein Brandschutz, alles noch viel älter und verbrauchter, nicht einmal Sprelacart-Furnier, Bühnentechnik aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg (oder älter...) - wie würde dann wohl Frau Gundlach für einen Theaterbesuch "werben"?